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Endometriose im Fokus: Ursachen, Symptome und Behandlungsmethoden

Von: Linda Künzig

Veröffentlicht: 04.09.2024

Lesezeit: 7 Min.

Diagnose | Behandlung

Frau hält beide Hände an den Bauch. Darüber ist leicht transparent ein Model der weiblichen Geschlechtsorgane.
Bei Endometriose wächst die Gebärmutterschleimhaut auch außerhalb der Gebärmutter. | © filins – stock.adobe.com

Am 29. September ist „Tag der Endometriose“ – eine bundesweite Aufklärungskampagne rund um das Thema Endometriose. In Deutschland sind schätzungsweise 10 bis 15 Prozent der Frauen im gebärfähigen Alter betroffen. Dies entspricht etwa 1 bis 2 Millionen Erkrankten. Endometriose zählt somit zu den häufigsten gynäkologischen Krankheiten.

Endometriose – was ist das?

Stellen Sie sich vor, die Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) wächst an Orten, wo sie nicht hingehört – an den Eierstöcken, dem Dünn- und Dickdarm oder an Lunge und Herz. Mit Fortschreiten der Erkrankung breiten sich diese „fremden“ Gewebestücke weiter aus und dringen tiefer in das umliegende Gewebe ein. Dies verursacht nicht nur intensive Schmerzen, sondern kann auch die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen und die Fruchtbarkeit gefährden. Zudem sehen sich Erkrankte nicht selten mit Stigmatisierung und Vorurteilen konfrontiert. Häufig werden ihre Schmerzen nicht ernst genommen oder mit Aussagen wie „Stell dich nicht so an“ abgetan. Die fehlende Anerkennung der Erkrankung verstärkt den emotionalen Stress und erschwert es Betroffenen, die notwendige medizinische Unterstützung zu erhalten.

Betrifft Endometriose ausschließlich Frauen?

Endometriose ist eine Erkrankung, die nahezu nur Frauen betrifft. In sehr seltenen Fällen können jedoch auch Männer betroffen sein, beispielsweise nach einer hochdosierten Östrogentherapie bei Prostatakrebs. Zudem kann die Krankheit auch bei Transpersonen auftreten, die mit Gebärmutter und Eierstöcken geboren wurden, sich jedoch einem anderen Geschlecht zugehörig fühlen.

Was sind die Ursachen von Endometriose?

Endometriose kann jede Frau treffen: vom Eintritt der Regelblutung bis zu den Wechseljahren. Die genauen Auslöser sind bislang nicht vollständig geklärt. Als gesichert gilt eine genetische Ursache, die mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent vererbt wird. Zusätzlich existieren verschiedene Theorien, die mögliche Entstehungsmechanismen erklären:

  • Rückflussmenstruation: Während der Menstruation fließt Blut mit Gewebezellen durch die Eileiter in den Bauchraum zurück, wo sich die Zellen festsetzen und Endometriose verursachen können.

  • Metaplasie-Theorie: Schleimhautzellen der Endometriose-Herde werden nicht aus der Gebärmutter verschleppt, sondern bilden sich unmittelbar an der jeweiligen Körperstelle.

  • Immunsystem-Theorie: Ein schwaches Immunsystem erkennt das fehlplatzierte Gewebe nicht. In Folge wird es nicht zerstört und kann ungehindert wachsen. Lymph- und Blutgefäß-Theorie: Endometriumzellen werden durch Blut- oder Lymphgefäße an andere Körperstellen transportiert und können dort Endometriose verursachen.

Was sind die Hauptsymptome von Endometriose?

Endometriose verursacht vor allem Schmerzen im Unterbauch und Unterleib, die typischerweise vor und während der Menstruation stärker werden. Zu den Symptomen gehören oft auch Zwischenblutungen und eine starke Regelblutung. Schmerzen treten meist erst nach mehreren Jahren der Erkrankung auf. Die betroffenen Gewebe reagieren auf die weiblichen Geschlechtshormone ähnlich wie die normale Gebärmutterschleimhaut. Während der Menstruation können sie ebenfalls bluten und Entzündungen hervorrufen. Dies führt häufig zu zusätzlichen Krämpfen und Schmerzen. Interessanterweise hängt die Intensität der Beschwerden nicht unbedingt mit der Größe der Endometriose-Herde zusammen. Während manche Frauen mit großen Mengen an betroffenem Gewebe keine Symptome haben, können andere mit nur wenigen Herden unter starken Schmerzen leiden.

Welche weiteren Beschwerden könnten bei Endometriose auftreten?

Endometriose kann von zahlreichen allgemeinen Beschwerden wie Erschöpfung, Schlafstörungen, Allergien und Autoimmunerkrankungen, erhöhter Infektanfälligkeit während der Regelblutung, Migräne und Stimmungsschwankungen begleitet werden. Auch eine Gewichtszunahme ist möglich, da hormonelle Veränderungen und Arzneimittelnebenwirkungen den Stoffwechsel beeinflussen können.

Desweiteren variieren die Symptome je nachdem, wo sich die betroffenen Gewebe befinden:

  • Verdauungsorgane: aufgeblähter Bauch, schmerzhafter Stuhlgang, abwechselnd Verstopfung und Durchfall, rektale Blutungen während der Menstruation sowie Übelkeit und Erbrechen.

  • Blase: Schmerzen oberhalb des Schambeins während des Wasserlassens, Blut im Urin und ständiger, intensiver Harndrang.

  • Eierstöcke: Bildung blutgefüllter Zysten, die starke, stechende Bauchschmerzen verursachen können.

  • Brustkorb: Husten, Atemnot, Schmerzen im Unterbauch, beim Liegen oder im Rückenbereich sowie Schwindel.

Endometriose und Unfruchtbarkeit

Für Frauen mit einem Kinderwunsch kann Endometriose eine Herausforderung darstellen. Der Zusammenhang zwischen der Erkrankung und Unfruchtbarkeit ist gut dokumentiert. Etwa 30 bis 50 Prozent der Betroffenen haben Schwierigkeiten, schwanger zu werden. Die Erkrankung kann zu Verklebungen und Narbenbildungen im Beckenraum führen, die Eileiter blockieren oder verformen und die Qualität der Eizellen verringern. Auch hormonelle Störungen und Probleme bei der Einnistung eines befruchteten Eies in der Gebärmutter können die Chancen auf eine Schwangerschaft reduzieren. Betroffene sind daher häufig auf künstliche Befruchtungsverfahren wie die In-vitro-Fertilisation (IVF) angewiesen. Zusätzlich ist es hilfreich, die Endometriose vor oder während der IVF zu behandeln, um die Erfolgschancen zu erhöhen.

Endometriose und Schwangerschaft

Endometriose kann in der Schwangerschaft und während der Geburt zu Komplikationen führen. Das individuelle Risiko hängt vom Schweregrad und der Anzahl bereits durchgeführter Operationen ab.

  • Schwangerschaftskomplikationen: Frauen mit Endometriose haben ein höheres Risiko für Fehlgeburten, Frühgeburten und Plazentaprobleme. Studien zeigen jedoch, dass viele Frauen mit Endometriose gesunde Schwangerschaften haben können.

  • Veränderung der Symptome: Während der Schwangerschaft berichten einige Frauen, dass sich ihre Endometriose-Symptome verschlimmern. In vielen Fällen verbessern sich die Beschwerden aber auch. Laut verschiedener Studien ist diese Verbesserung aber in den allermeisten Fällen nur zeitlich begrenzt.

  • Komplikationen bei der Geburt: Frauen mit Endometriose haben ein leicht erhöhtes Risiko für Komplikationen während der Geburt, einschließlich der Möglichkeit eines Kaiserschnitts, besonders wenn die Endometriose zu strukturellen Veränderungen im Beckenbereich geführt hat.

Wie wird Endometriose diagnostiziert?

Frauen mit Endometriose haben häufig eine jahrelange „diagnostische Odyssee“ hinter sich, geprägt von zahllosen Besuchen der ärztlichen Sprechstunde und Untersuchungen. Besteht ein Verdacht auf Endometriose, erfolgt zunächst ein ausführliches Gespräch über die Symptome, die Krankengeschichte und den Menstruationszyklus der Patientin (Anamnese). Danach schließen sich eine gynäkologische Untersuchung, eine Tastuntersuchung des Unterbauchs sowie ein Ultraschall der Vagina und der Bauchdecke an. Abhängig von den Symptomen und der diagnostischen Notwendigkeit können weitere Untersuchungen, wie eine Bauchspiegelung oder eine Magnetresonanztomographie, angebracht sein.  

Die Bauchspiegelung (Laparoskopie) spielt eine zentrale Rolle in der Diagnose und Behandlung. Sie ermöglicht eine direkte Sicht auf die inneren Organe und eine sichere Diagnose der Endometriose-Herde. Bei diesem minimalinvasiven Eingriff wird ein Instrument mit einer Videokamera und einer Lampe (Laparoskop) durch kleine Schnitte in der Bauchdecke eingeführt. Über einen separaten Kanal können bei Bedarf kleine Gewebeproben entnommen und im Labor untersucht werden. Neben der Diagnose ermöglicht die Laparoskopie außerdem die Entfernung aller sicht- und tastbaren Endometriose-Herde.

Der Weg zur Endometriose Diagnose ist lang

Zwischen den ersten Symptomen und der endgültigen Diagnose vergehen durchschnittlich siebeneinhalb Jahre. Bei Betroffenen mit unerfülltem Kinderwunsch beträgt die Wartezeit etwa drei Jahre, während Schmerzpatientinnen oft bis zu zehn Jahre auf die Diagnose Endometriose warten müssen.

Gibt es einen Test für Endometriose?

Aktuell gibt es noch keinen Selbsttest für Endometriose. Forschungseinrichtungen arbeiten aber seit Jahren an der Identifizierung spezieller Biomarker. Sie sollen helfen, die Krankheit schnell und unkompliziert festzustellen. Ein Speicheltest kann bereits heute innerhalb von zwei Wochen zuverlässige Ergebnisse liefern. Er wird allerdings nur von Arztpraxen in Zusammenarbeit mit einem Labor angeboten. Zurzeit entwickeln Wissenschaftlerinnen einen Selbsttest, der Biomarker im Menstruationsblut nachweisen kann.

Ist Endometriose heilbar und wie wird sie behandelt?

Endometriose kann derzeit nicht vollständig geheilt werden. Die Therapie muss daher stark auf die individuellen Beschwerden abgestimmt werden. Generell gibt es zwei übergeordnete Behandlungswege: die medikamentöse und die operative Therapie. Diese werden durch zahlreiche alternative Behandlungsmöglichkeiten ergänzt:  

  • Bauchspiegelung: Dieses Verfahren wird zur Diagnose und Entfernung von Endometriosegewebe eingesetzt.

  • Medikamentöse Schmerztherapie: Zur Linderung der Schmerzen werden spezielle Medikamente verschrieben.

  • Hormontherapie: Diese zielt darauf ab, das Wachstum der Gebärmutterschleimhaut zu verhindern.

  • Komplementäre Behandlungen: Hierzu gehören Methoden wie Akupunktur, Traditionelle Chinesische Medizin, Homöopathie und Pflanzenheilkunde sowie eine Ernährungsumstellung.

Ernährung bei Endometriose

Viele Betroffene berichten, dass eine entzündungshemmende Ernährung, reich an Obst, Gemüse, Vollkornprodukten und gesunden Fetten, die Beschwerden reduzieren kann. Der Verzicht auf Zucker, rotes Fleisch und stark verarbeitete Lebensmittel kann ebenfalls hilfreich sein, da diese Entzündungen fördern können. Einige Frauen profitieren auch von der Vermeidung glutenhaltiger Lebensmittel und Milchprodukten.

Wo erhalten betroffene Frauen Hilfe?

Die Endometriose-Vereinigung Deutschland e. V. ist eine Selbsthilfeorganisation, die im Jahr 1996 gegründet wurde. Sie unterstützt Betroffene durch Aufklärung, Beratung und Vernetzung. Die Vereinigung setzt sich dafür ein, das Bewusstsein für Endometriose in der Öffentlichkeit zu erhöhen. Des Weiteren bietet sie Betroffenen eine Plattform, um Erfahrungen auszutauschen und Unterstützung zu finden. Darüber hinaus engagiert sich die Organisation für die Forschung und die Verbesserung der medizinischen Versorgung von Endometriose-Patientinnen.

Autoreninformation

Linda Künzig

Apothekerin und freie medizinische Redakteurin

Linda Künzig ist seit 18 Jahren Apothekerin und hat sich auf dem Gebiet Homöopathie und Naturheilverfahren weitergebildet.

Neben ihrer Tätigkeit in einer öffentlichen Apotheke arbeitet sie seit einigen Jahren als freie Fachautorin, spezialisiert auf die Erstellung pharmazeutischer Texte. Außerdem beantwortet sie als Online-Expertin alle Fragen rund um das Thema Arzneimittel. 

Seit August 2024 schreibt sie für ärzte.de MediService GmbH & Co. KG und bringt dort ihr umfassendes Fachwissen und ihre Expertise ein.